1981

1981

1984

   Anton Kirchmair                       home             aktuell                      Werk           Ausstellung          Veranstaltung           Ankauf           Vita          Presse         Kontakt

"TARA, DIE LEICHTE, DIE UNBESCHWERTE" als Prinzip des Eigentlichen ist, in seinen unterschiedlichen Erscheinungsbezügen - das gilt nicht nur für bildhafte sondern auch literarische Ausdrucksformen, bis hin zum gesprochenen Wort - nur suggestiv begreifbar:


TARA, ist ein weiblicher Vorname und insofern femininer Natur

TARA, ist wie im Buddhismus eine weibliche Manifestation erleuchteter Weisheit

TARA, ist wie im Hinduismus die Frau des Brihaspati und Geliebte des Chandra, dem Mondgott

TARA, ist der hellste Stern am Himmel

TARA, ist flüchtig, empfindsam und fein



In der Freilegung und Enthüllung des Wesentlichen durch unterschiedliche Kulturtechniken liegt die eigentliche Bestimmtheit der Kunst Anton Kirchmairs. Der Künstler ist dabei ein von seiner inneren Freiheit gelenkter Wanderer, der sich auf leisen Schritten, auf die Suche nach dem Wesen der Dinge und seiner eigenen Seinsbestimmtheit begibt.


Sehr geehrte Damen und Herren, lassen Sie sich einnehmen von den unterschiedlichen Situationen,  mit denen Sie bei dieser Ausstellung konfrontiert werden, die ich Ihnen mit meiner Einführung auch versucht habe, näher zu bringen.


Im Rahmen des Gesamtprojekts "Weggefährten - bayerisch-österreichische Plastik im 20./21. Jahrhundert" werden die Installationen Anton Kirchmairs eine Innenraum bezogene Gegenposition zu den großplastischen Arbeiten der Skulpturenmeile auf der Burg darstellen, die am 11. August eröffnet wird.


Wir, die Ausstellungsbeteiligten, werden uns weiterhin bemühen, Ihnen mit dem ganzjährigen Skulpturenprojekt etwas ganz besonderes zu bieten. Bereits kommenden Sonntag werden Werke aus dem künstlerischen Nachlass von Herbert Peters in der Studienkirchen präsentiert werden. Dies als Vorschau auf das weitere Programm.


Ich bin jetzt am Schluss meiner Ausführungen angelangt und möchte Ihre Aufmerksamkeit nicht weiter in Anspruch nehmen. Für Fragen und anregende Gespräche wird Ihnen bei der anschließenden Begehung der Ausstellung Anton Kirchmair gerne persönlich zur Verfügung stehen.


Vielen Dank für Ihr Interesse!


Adolf Hofstetter

TARA, DIE LEICHTE, DIE UNBESCHWERTE


Meine sehr verehrten Damen und Herren,

sehr geehrter Herr Steindl,

liebe Martha und Toni Kirchmair,




„TARA – Über den Stand der Dinge“,  so war bereits eine Ausstellung Anton Kirchmairs 2010/2011 im Alten Schlachthof in Straubing betitelt. In einer raumbezogenen Installation wurde in der Galerie Halle II eine Kiste von Arbeiten gezeigt, die Kirchmair in einer aufeinanderbezogenen  Inszenierung ver- und entpackte. Die parallele Präsentation von Objekten und deren Verpackungsmaterialien - Zeitungs- und Kohlepapier -  und das fotografische Festhalten ihrer instabilen Erscheinungsform war Teil eines Werkprozesses, bei dem marginale Objekte - wie Verpackungsmaterialien und die Transportkiste - auf eine gleiche Bedeutungsebene zu den eigentlichen Kunstobjekten übergeführt, transformiert wurden. Dieser Prozess des Umgewichtens, folgt einem Prinzip, das auch auf die Wesenheit von TARA verweist. TARA definiert sich dabei nicht als physikalische  Differenz von Brutto und Netto, sondern - ist im übertragenen Sinne - vielmehr als Metapher für die Umwertung des Unwesentlichen zum Wesentlichen zu betrachten.  Ein Spannungsfeld, auf das sich die künstlerischen Ausdrucksformen Anton Kirchmairs zunehmend hin bewegen:


[Zitat]  "....Die ausgepackten Teile werden nun, so wie sie zum Vorschein kommen, auf Sockel gestellt - zuerst das erste, dann das zweite darauf oder daneben, dann das dritte, aber sehr vorsichtig, damit das Ganze hält. Denn umfallen gilt nicht - das wäre gemein. Und so wird eines auf das andere gestellt, natürlich auch die Kisten und ihre Deckel, denn diese unterscheiden sich nun durch nichts mehr von Ihren Inhalten. Sie sind von ihrer dienenden Funktion befreit, sind selber Skulptur, oder ein Teil davon, wie jedes andere Teil auch..." [Zitat Ende]


Anton Kirchmair im Oktober 2010, im Vorwort des Katalogs zur  Ausstellung in Straubing


Ein Großteil der fotografischen Momentaufnahmen der Straubinger Verpackungsobjekte ist auch im Haus der Fotografie in Burghausen ausgestellt. In einem reduzierten Präsentations-zusammenhang werden einige der fragil gerahmten Fotografien bisweilen nur im noch verpackten Zustand gezeigt, oder verbleiben, weggepackt, dem Betrachter einfach vorenthalten. Dem gemäß ist der Fokus bewusst auch auf nicht besetzte Bildpositionen zwischen  den Fotoarbeiten gerichtet. Neben dem Mut zur Lücke, werden vormals dienende Objekte als Teil der Installation begriffen und gleichwertig neben den eigentlichen Bildern präsentiert: entsprechend sind Verpackungshüllen, aber auch der Schattenumriss einer Staffelei, die zum Aufhängen der Bilder und Einrichten der Beleuchtung benutzt wurde, als Wandobjekte ins "Opus Magnum" mit einbezogen. Adäquates gilt für eine begehbare Bodenplastik. Diese hat als "GO ON" die Funktion, Ihnen - sehr geehrte Damen und Herren -  das Leitthema der Ausstellung "TARA, DIE LEICHTE, DIE UNBESCHWERTE"  in synästhetischer Form körperlich erlebbar zu machen.




In Raum 2 werden Arbeiten Anton Kirchmairs präsentiert, die in einem anderen Werkzusammenhang bereits im Jahr 2000 im Posthof in Linz zu sehen waren. Ich kann mich an diese Ausstellung noch gut erinnern, weil es meine erste direkte Begegnung mit Arbeiten Anton Kirchmairs war. Dabei handelte es sich um eine Rauminstallation zweier identischer Objekte, die aus im Kreis aufgestellten, storchenbeinigen Holzböcken bestand, auf denen in radialer Ordnung eine Unzahl orangeroter  Holzstäbe zu einem storchennestförmigen Gebilde gelegt waren.  Die serielle Verwendung von gleichen Elementen - gemeint sind die gestelzten Holzböcke und die leuchtfarbigen Holzstäbe - zu einem Formganzen, ist ein Charakteristikum der Arbeitsweise Kirchmairs. Darin inkludiert das Zerlegen (Defragmentieren) des Werkes in formgleiche Teile, die, je nach bildnerischer Intention, für eine andere Situation wieder benutzt werden können.


Im Kontext eines fortgeschrittenen Werkprozesses werden in Burghausen die rot gefassten Holzstäbe in serieller Form als fragile, leuchtfarbene Stab- und Gitterskulptur sowie als zu Bündeln verpackte Wandobjekte in eine Rauminstallation adaptiert. Darin einbezogen auch deren Verpackungsmaterialien aus transparenter Folie und gerollter Wellpappe, sowie im letzten Raum eine Sackkarre, auf welcher der restliche Bestand der Werkgruppe der Rotstabbündel abgestellt ist, die auf dem fahrbaren Untersatz mit Frischhaltfolie mumienhaft zu einem transparent umhüllten Objekt verpackt sind.


Dieser Reflex des Umschließens, Verhüllens und Vorenthaltens in Form künstlerischer und - wie wir noch sehen werden - literarischer Praktiken verfolgt nicht selten den Zweck, das Darunterliegende, das Verborgene, den Kern des Verdeckten, aufzuwerten, repräsentativer, schöner, befremdlicher oder auch unkenntlich zu machen. Das gilt für das Verpacken von Objekten, Gebäuden und von Natur (wie es von Christo, Vostell und Beuys praktiziert wurde), wie für Umhüllungen der Haut durch Kleidung, Schleier, Maskeraden oder wie für Umhüllungen von Gedanken in Form von Metaphern, Aphorismen, assoziativen Umschreibungen und sonstigen literarischen Kunstgriffen.


„TARA, DIE LEICHTE, DIE UNBESCHWERTE“ so lautet auch der Titel eines Langgedichts, das von Anton Kirchmair als Autor und Verleger - ergänzend zu seinem Erstlingswerk "Drei Silben" -  als bibliophile Kostbarkeit auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt werden wird. Von der vorläufigen Fassung, wird im Raum 3 mit aufgespannten, vielfach geschichteten  Textauszügen und bildhaften Metaphern  ein Bezug zwischen Skriptum und konkreter Raumsituation projiziert. Mit der Installation der auf gefaltetem Transparentpapier gedruckten literarischen Frakturen, die in dem hohen Licht erfüllten Raum als oszillierende Bildzitate die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich ziehen, schließt sich das Leitthema der Ausstellung: