Einer der bekannten Aussprüche von Antonius, dem Wüstenvater lautet:
„Wer ein Stück Eisen hämmert, überlegt zuerst, was er machen will, eine Sichel, ein Schwert oder ein Beil. So müssen auch wir überlegen, welche Tugend wir anstreben wollen, damit wir uns nicht ins Leere bemühen.“
So einer sind Sie auch, sehr verehrter Herr Kirchmair. Sie haben sich vorher genau überlegt, was Sie uns hier präsentieren wollen:
•.eine Sichel zum Ernten dessen, was wir für uns wachsen ließen,
• oder ein Schwert, das scharf teilt,
• oder ein Beil, ohne das man sich nichts zurecht machen kann.
Schön, dass wir heute Abend und in den kommenden Wochen zumindest geistigerweise uns mit dem befassen dürfen, was Ihren Intentionen entstammt.
Ich freue mich, dass Sie alle gekommen sind und damit Ihr Interesse bekunden am Schaffen von Anton Kirchmair. Und besonders bin ich gespannt, wie uns nun Prof. Dr. Thomas Raff einführen wird ins Werk des gebürtigen Münchners Anton Kirchmair. Danke Ihnen, Prof. Raff. Sie gehören inzwischen in die Mitte der Kunstgeschichte unseres Hauses. Danke.
Und mein Wunsch für uns, für Sie: Vielleicht beginnen Sie ja vor den Bildern Anton Kirchmairs zu ahnen, was Johannes vom Kreuz so versuchte, in Worte zu fassen:
„Stieg ich auch auf von Höh‘n zu Höhen,
es wird doch nie erreichbar sein,
die dunkle Wolke zu verstehen,
die in der Nacht gibt hellen Schein.
Wem diese einmal leuchtet ein,
der weilet ohne Wissen und Gedanken
hoch über alles Wissens Schranken.“
„Von der Schwärze der Nacht“ – unabweisbar und stark drängte sich die Erinnerung an einen zentralen Text der christlichen Mystik auf, an das Gedicht
„Die dunkle Nacht“:
„Entflammt von Liebesqualen,
als schwarz die Nacht einst webte,
Glück, das ich erlebte!,
ging unbemerkt ich aus,
als Ruhe schon befriedete mein Haus.
Wohl auf geheimer Stiege,
vermummt, mit sicherm Schritte,
ging durch des Dunkels Mitte,
o Glück! ich heimlich aus,
als Ruhe schon befriedete mein Haus.“
Ich will nur noch ein paar der Beschreibungen zitieren, die im Artikel der Süddeutschen Zeitung über Ihren Auftritt bei der Frankfurter Buchmesse 2012 zu lesen waren: „Kirchmair,
• „der wie ein weiser Indianer wirkt,
• ein bayerischer Schamane“.
• „Ein wahres Phänomen in seiner bedachtsamen Art“,
• „ein wundersamer Einzelgänger“.
Wir befinden uns heute liturgisch gesehen am Vorabend des Festes des heiligen Antonius. Ich gehe zwar davon aus, dass Sie, Herr Kirchmair, als Namenspatron den heiligen Antonius von Padua Ihr eigen nennen. Aber Antonius der Wüstenvater, dessen Fest wir am 17. Januar begehen, passt eigentlich wunderbar zu Ihnen.
• Der Stammvater aller, die die Unabhängigkeit, auch die Einsamkeit suchen.
• Jener Heilige, der dem wilden Löwen den Dorn gezogen und ihn sich geneigt gemacht hat.
• Auch der Antonius der Versuchungen der Dämonen, wie sie Hieronymus Bosch gemalt oder Gustave Flaubert beschrieben hat