sie hat genickt und gesagt

dass sie mit ihm auf die Messe nach Leipzig gehen wolle


da habe sie Erfahrung

als Hostess 


und er hat gesagt

dass sie auf ihn aufpassen müsse

dass er nicht verloren gehe


weil er auf Messen immer

verloren geht


und sie haben zusammen 

ihre Gedanken 

zu einem Text geformt


erst da hat er begonnen

zu verstehen


das war kein literarischer Text

das waren die Worte

ihrer Verzweiflung


und er wußte nicht

was er tun solle


sie ist dann abgereist

hatte sich noch schön gemacht

weil sie einen jungen Mann

treffen wollte


der aber war nicht gekommen

und so sind sie zusammen

zum Essen gegangen


und als er wieder nachhause kam fand einen ausgedruckten kurzen handgeschriebener Text der auf seinem Arbeitstisch liegen

geblieben war


sicher nicht zufällig

wie er dachte


darin schrieb sie

vom einem Prinzen


den sie eine halbe Ewigkeit

nicht mehr gesehen


und den sie heute besucht habe

sie schreibt  von seiner stolzen

und erhabenen Ausstrahlung

die er sich erhalten habe


obwohl er älter und

ungepflegter geworden sei


und dann tritt der Vater

vor ihr geistiges Auge


mit seinem ganzen Gewicht

auf eine große schwere

Hacke gestützt


sich dabei mit seinem

Handrücken den Schweiß

von der Stirne wischt

und sie anblickt


dabei eine Drohung ausspricht


die bis heute

in ihren Ohren hallt

als wäre sie eben erst

ausgesprochen


wenn du nun aufgibst Kind

wirst du es in deinem Leben

zu nichts bringen


damit endet das Fragment


und er fragt sich

warum hat der Vater das getan

warum dieses

wenn – dann

und was hätte sie sie

nicht aufgeben dürfen


ihr Leben

Ihren Glauben

ihre Zukunft


und warum hätte sie alldies aufgeben sollen


warum hat der Vater

der mit seinen Kindern

immer gebetet hat


alles ist gut

so wie es ist




die junge Frau

schön und schlank

wie eine Gazelle mit der hochgewachsenen Gestalt

derer die weite Wege gehen

durch Savannen und Wüsten

seit alters her


sie sei die Tochter 

einer Königstochter

hat sie gesagt


eine Prinzessin also

hat er gedacht

aus einem fernen Land

das hat er gesehen


aber ihre Namen klangen

schlicht und weiß

wie die seiner Nachbarn


woher das komme 

hat er gefragt

und sie hat gesagt


dass ihr Vater

aus einer Stadt

in Deutschland stamme

und sie deshalb

seine Namen trage


er hat sie in Afrika

mit der Tochter

des Königs gezeugt


und sie haben dort fast

so lange gelebt wie

zwei Hände Finger haben


dieses Bild hat sie

nicht gebraucht

es stammt von ihm

damit er einen Grund hat

die Schönheit ihrer Glieder

zu preisen


fein das zarte Rot

unter ihren Nägeln

mit kleinen Vorgärten

um diese herum


und er hat gedacht

als er seine Augen

wieder gelöst

aus ihren gespreizten Beinen

fließen salzige Wasser

nähren die Ströme

der Meere


und er hat ihr ein Buch

von einem der großen Fotografen

von einem Anbeter dieser Erde geschenkt


Genesis


und sie haben darin geblättert

in den unendlichen Schönheiten

dieser Welt


meist wie ihm schien

in ihrer Welt

der Welt des Südens


und er hat sie gefragt

ob sie nicht auch Namen

von der anderen Seite

dieser Erde habe 


von ihrer dunklen Seite

von ihrer Mutterseite

hat er gedacht


ja hat sie gesagt 

ihre Schwester

trage den Namen

die Frau des Königs


und sie selbst 

hat er gefragt


da hat sie

einen Namen genannt

aber auch dass niemand

sie so nenne

nicht einmal sie selbst


und er fand ihn

als er danach suchte

nur als Spitzname

in einer ihrer Internetadressen


warum hat er gefragt

warum leugnest du deinen Namen

warum trägt sie nur

die Namen des Vaters

seine Namen des Nordens


und nicht auch

die Namen des Südens

die ihrer Mutter


eine Gazelle hat doch

vier Beine


zwei Vaterbeine

zwei Mutterbeine


mit zweien davon


das hat er gesehen

auf einem Video

das sie als Tänzerin zeigt


springt sie

durch die Gärten

des Königs mit seinen Frauen

und den Paradiesfrüchten

dieser Erde


ihre Vaterbeine dagegen

stehen in Hörsälen herum

auf kalten weißen Böden

des Nordens


keine leichte Übung

hat er gedacht

denn dazwischen

liegen der Äquator 

das große afrikanische Becken

die stillen Kalmen und die

Roßbreiten


wo die Seeleute einst

ihre verdurstenden Pferde 

über Bord geworfen hatten


und er hat sich vorgestellt

wie sie dort stünde

über dem Äquator

mit ihren Läufen auf den Wendekreisen der Krebse


als Magna Mater in Gestalt

einer großen Gazelle


sich labt in süßen Oasen


weil er die Nacht liebt

ihre Dunkelheit

ihre Schwärze

ihren Frieden


weil er als Kind schon

Hand in Hand

mit seiner Mutter


nicht an ihrer Hand

durch die zerbombte Stadt 

München gegangen ist


und seither

auch jetzt wo er alt ist

geht er immer wieder einmal

in die Nacht hinein


denn dort wo er lebt 

ist die Nacht noch Nacht 


manchmal jedenfalls

wenn man sich

dem Böhm zuwendet


und er hat ihr erzählt

von seinem Schrecken

wenn er das kleine Geviert 

seiner Hofstatt verläßt


und ihr zwei Seiten

seiner Homepage gezeigt


einmal noch

in die Nacht hineingehen

bis auch das letzte Licht verblasst

so dass ein neues leuchten kann


so stand es da


irgendwann hat sie

begonnen zu weinen


sehr fein und zart

er hat nicht gewußt warum 

hat gedacht sie fühle sich

wohl


sie hat ihm dann

ein Blatt Papier gegeben

mit ein paar Gedanken 

über ein Etwas


sie schreibt

hat er gedacht

da hat sie geschwiegen


und er hat gefragt

warum gehst Du nur 

auf den Füßen des Nordens


wo doch

deine ganze Erscheinung

die einer Gazelle

aus den Savannen ist


und was bedeutet dein Name 

hat er gefragt


sie wisse es nicht


und er leichthin – vielleicht

die „Geliebte“ des Königs


das war ein wenig vorlaut

und er weiß nicht mehr

wie sie reagierte


aber er hat sie von nun an

innerlich zumindest

bei diesem Namen genannt


der war voll Schönheit

wie die Blüte einer Orange

wie die Farben 

eines milden Feuers


von nun an ist sie

bei ihm gesessen


ein paar Tage ganz nah

hat ihm geholfen

Ordung in das Chaos 

seines Lebens zu bringen


in die Oberfläche 

seines Computers


und er hat gesagt dass er

zur Wintersonnenwende

in die Nacht

in die längste Nacht

des Jahres hineingehe werde

und ob sie mitgehen wolle


er hoffe

dass weder Mond noch Stern 

am Himmel stehe

alles ist gut

so wie es kommt

gib dass es frommt


warum hat der Vater

so etwas gesagt


und er hofft

sie hat nicht aufgegeben


sie hat ihm dann geschrieben

dass sie nun wüßte

was ihr Name bedeutet


und ihr Name bedeutet

die die sich nicht verstellt...

die Ehrliche


und er fagt sich

warum musste sie so alt werden

wie ihre fünf Hände Finger haben

bis sie erfährt

welch großen Namen

sie trägt


andereseits sagt er sich

dass man das vielleicht

nicht zu wissen brauche

wenn man ohnehin danach lebt


und jetzt denkt er

was geht ihn das alles an


auf welches Eis begibt er sich da

hat er das Eis überhaupt gefragt


ob er es betreten dürfe

solle er das alles sein lassen

die Arbeit die er sich gemacht

damit er sie nicht verletze


andererseits hat er ihr gesagt

dass er ein Buch über sie

schreiben wolle


sie hat es weder abgewiesen

noch bejaht aber es schien

sie würde sich darüber

vielleicht sogar freuen


gleichzeitig fallen ihm

weitere Fragen ein


warum hat sie ihm das erzählt

mit der pissenden Alten

und ihrem Geschlecht

und von dem Fluch

der sich über den breitet

der dies sieht


und jetzt denkt er sich


vielleicht

kann jetzt dieser Name

des Nordens

den Fluch bannen


den die pissende Alte über

sie ausgegossen hatte

der über der Gazelle

möglicherweise liegen man


und er denkt daran

dass er einmal an einem Haus geklopft hat und da hat eine junge Frau ihm geöffnet


und er hofft

sie hat nicht aufgegeben






ihr Name des Nordens

ist der der den Drachen tötet


Liebe Michaela,

ich habe die letzten Tage

nachgedacht.


Ich würde gerne

mit Dir zusammenarbeiten


Von jetzt an


einen Text über Dich

oder zusammen mit Dir schreiben

ein Buch daraus machen

und das Buch

zusammen mit zwei oder drei weiteren

in Leipzig auf der Messe

im März vorstellen


Ich wäre glücklich

wenn wir das zusammen

machen könnten


Ich glaube an Dich

an Deine Stärke

an Deine Sensibilität


Gestern war ich im Gasthaus

beim Strohmeier


Da war einer

der hat einmal die Ruderer

Nationalmannschaft der Frauen

mittrainiert und als Physiotherapeut betreut


Er hat mir gesagt

dass seine Mädels sehr oft

unter starker Akne gelitten haben

und dass das von falscher Enährung

gekommen sei


Zucker Schokolade und so


Und vom Sohn vom Wirt dem Max

–ein feiner und fescher Kerl –

habe ich zwei kleine Seifen für Dich bekommen


er macht sie selber aus eigenen

und feinsten Zutaten


und meine Ärztin damals

hat mir immer Höhensonne

Meerwasser und Urin empfohlen


Bitte verzeih meine unverblümten Worte


Aber ich glaube

alles was Dir helfen kann

ist in Dir selber begründet

also ganz nah bei Dir

glaube an Dich


im Übrigen

auf Deinem Nachttisch

liegt jetzt eine Bibel

du bist zu jeder Stunde willkommen

aber ich will Dich nicht bedrängen


Heute ist die Nachtwanderung

Du könntest dabeisein

vielleicht sogar mit dem Redakteur der SZ

noch von Regensburg aus mitfahren


Toni